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LAND.LUFT LEBERFING

Interview mit
Josef Straubinger

Im Interview zeigt Josef, wie die Tiere bei Land.Luft leben, erklärt das Prinzip der Weideschlachtung und erzählt, was ihn täglich in seinem Job antreibt.

Organic Garden: Wie ist die Idee für Land.Luft entstanden und seit wann gibt es den Betrieb?

 

Josef: Auf einer Familienfeier hat sich Familie Lindner darüber unterhalten, dass Fleisch immer mehr zum Industrieprodukt wird und das Leben der Tiere alles andere als artgerecht ist. Ihr wurde klar, dass sie hier etwas ändern will. Daraus entstand 2016 die Idee für Land.Luft – ein Herzensprojekt der Familie Lindner.


 

Organic Garden: Welche Tiere wachsen bei euch auf?

 

Josef: Hier auf unserem Hof in Leberfing züchten wir Schweine und Rinder. Bei den Schweinen halten wir alte Rassen wie Schwäbisch-Hällisch und das Schweizer Edelschwein. Auf den Rinderweiden stehen Murnau-Werdenfelser und Braunvieh alter Zuchtrichtung. Darüber hinaus haben wir in Siebenbürgen noch einen Hof, wo nach den gleichen Prinzipien Angus-Rinder gehalten werden.


 

Organic Garden: Wo und wie leben die Tiere? Was ist daran anders als bei “normalen” Betrieben?

 

Josef: Wir bei Land.Luft vergleichen uns nicht mit anderen und bewerten nicht, was diese tun. Wir sind aber davon überzeugt, dass wir einen guten Weg gefunden haben : Unsere Schweine und Rinder werden auf der Weide geboren. Sie wachsen in einem natürlichen Sozialgefüge auf und bekommen von uns selbst angebautes Futter. Außerdem verzichten wir auf die vorsorgliche Behandlung mit Antibiotika oder Impfstoffen. Und wenn die Zeit gekommen ist, schlachten wir die Tiere in unserem eigens entwickelten Schlachtmobil angst- und stressfrei direkt auf der Weide.


 

Organic Garden: Wie viele Schweine und Rinder leben aktuell auf euren Anlagen?

 

Josef: In Leberfing haben wir derzeit gut 800 Schweine und ca. 70 Rinder. Auf unserem Hof in Siebenbürgen leben aktuell rund 300 Angus-Rinder.


 

Organic Garden: Woraus besteht die Ernährung der Tiere?

 

Josef: Wir setzen so weit wie möglich auf eigenes Bio--Futter. Für die Schweine sind das überwiegend heimische Eiweißfrüchte und Getreidesorten. Bei den Rindern Heu und Silage. Darüber hinaus fressen unsere Tiere natürlich jede Menge frisches Gras und Wiesenkräuter auf unseren Weideflächen. Wenn die eigene Futterversorgung nicht reicht, kaufen wir auch von uns bekannten Bio-Landwirten aus der Region zu.

Organic Garden: Bekommen die Tiere Medikamente oder Antibiotika?

 

Josef: Eine vorsorgliche Behandlung mit Antibiotika oder Impfstoffen gibt es bei uns nicht. Durch die naturnahe Haltung sind unsere Tiere grundsätzlich sehr gesund. Sollte ein einzelnes Tier erkranken, dann bekommt es aber natürlich die nötige tiermedizinische Versorgung.


 

Organic Garden: Was ist Weideschlachtung genau?

 

Josef: Weideschlachtung bedeutet, dass wir komplett auf Tiertransporte verzichten können. Am Tag der Schlachtung fahren wir mit einem selbst entwickelten Schlachtmobil auf die Weide. Dort werden die Tiere gefüttert und laufen dem Futter folgend von selbst in die Schlachtzone in gewohnter Umgebung hinein, um Stress und Angst zu vermeiden. Während sie glücklich fressen, werden sie von den erfahrenen Metzgern im Mobil betäubt und bekommen so von der Schlachtung nichts mehr mit. 


 

Organic Garden: Ihr verwendet bei Land.Luft den Begriff "Tierglück". Was bedeutet das für euch im Detail?

 

Josef: Wenn es um Fleisch geht, wird gerne der Begriff Tierwohl verwendet. Nach dem Tierwohl-Label wären wir in der höchsten Haltungsform 4, in der ein Schwein gerade mal 1,5 m² Platz haben muss. Bei uns hat ein Schwein aber mindestens 333 m² Platz. Weitere Unterschiede gelten für viele andere Aspekte, wie den Verzicht auf Tiertransporte. Um mit einem Wort auszudrücken, dass wir anders denken und handeln, haben wir für uns den Begriff Tierglück etabliert.


 

Organic Garden: Leiden die Tiere?

 

Josef: Bei Land.Luft versuchen wir, im Umgang mit den Tieren den jeweils besten Weg zu gehen, so dass die Tiere kein Leid oder Schmerz erfahren müssen. Beim Umsetzen des Konzeptes haben wir vieles „aus der Brille des Menschen“ gesehen und danach gehandelt. Den Trennungsschmerz von der Mutter nach einer sehr langen Säugezeit und die erste Berührung des Weidezauns können selbst wir nicht ersparen. Leid in Form von körperlichen oder psychischen Belastungen gibt es bei unseren Tieren aber zu keiner Zeit. 

  

 

Organic Garden: Auch wenn ihr die höchsten Tierwohlstandards ansetzt: Am Ende wird ein Tier getötet. Warum habt ihr euch trotzdem dafür entschieden, Land.Luft zu gründen?

 

Josef: Es gibt viele Menschen, die nicht auf Fleisch verzichten können oder wollen. Vielen dieser Menschen liegt das Wohl von Tier und Natur trotzdem am Herzen. Für genau diese Leute gibt es Land.Luft. Solange man nicht auf Fleisch verzichtet, ist unser Konzept die beste Lösung: Eine naturnahe Tierhaltung, eine längere Lebenszeit und am Ende eine angst- und stressfreie Schlachtung. Dazu kommt noch ein verantwortungsvoller Umgang in der Metzgerei mit einer möglichst weitreichenden Verarbeitung von der Nase bis zum Schwanz, oder Nose-to-Tail, wie es neudeutsch gerne heißt.


 

Organic Garden: Was macht in euren Augen Premiumfleisch aus?

 

Josef: Premium ist doch eigentlich ein Werbeversprechen. Unser Land.Luft Fleisch ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Durch das langsame Aufwachsen und die viele Bewegung auf den Weiden hat unser Fleisch ein sehr gutes Fett-Fleisch-Verhältnis und einen deutlich intensiveren Geschmack. Stressbedingte Qualitätsverluste gibt es dank der Weideschlachtung nicht. Bei der Verarbeitung verzichten wir zudem auf alle Zusätze, die es nicht unbedingt braucht und verwenden auch nur eigene Gewürzmischungen, bei denen wir genau wissen, was drin ist.


 

Organic Garden: Über welche Vertriebskanäle werden die Produkte verkauft und in welchen Einheiten?

 

Josef: Wir verkaufen unser Fleisch in unserem Hofladen und natürlich auch fertig zubereitet in unserem Bio-Restaurant. Dazu haben wir noch einen Onlineshop, mit dem wir Kunden in ganz Deutschland beliefern können. Darüber hinaus versorgen wir einige Firmenkunden, wie die Kantine der Lindner Group, ausgewählte Restaurants und natürlich Organic Garden.


 

Organic Garden: Wie steht ihr zur ganzheitlichen Verwertung von Nutztieren nach dem Ansatz “From Nose to Tail?”

 

Josef: Wer so viel Ehrgeiz, Energie und Liebe in die Aufzucht der Tiere legt, der kann nicht anders, als das Fleisch möglichst umfangreich zu verwerten. Früher waren besonders fette Stücke oder Innereien etwas Besonderes, heute haben viele Menschen diesen Geschmack verlernt. Dabei sind ein saures Lüngerl, Kuttelsuppe oder eine gebratene Leber echte Delikatessen, die man nicht verschmähen sollte.


 

Organic Garden: Die herkömmliche Aufzucht von Schweinen und Rindern trägt einen großen Teil zur weltweiten CO2-Belastung bei. Was macht ihr, um die Tierzucht nachhaltiger zu gestalten?

 

Josef: Ein großer Teil der Klimabelastung in der Landwirtschaft entsteht  durch den Einsatz von künstlichen Düngemitteln oder durch Transporte – egal ob Futtermittel, die einmal um die Welt geschifft werden, oder Tiere, die hunderte Kilometer weit vom Züchter zum Mäster und von dort zum Schlachthof gefahren werden. All das gibt es bei uns schon mal nicht. Darüber hinaus gibt es Untersuchungen, dass  Rinder, die auf der Weide gehalten werden, zum Humusaufbau beitragen können, und somit sogar CO² im Boden binden. Trotzdem haben wir noch jeden Tag die Aufgabe, weiter an uns zu arbeiten und jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Das ist unser eigener Anspruch an uns selbst. 


 

Organic Garden: Wie kam die Zusammenarbeit mit Organic Garden zustande?

 

Josef: Vergangenes Jahr hat uns Holger Stromberg hier in Leberfing besucht und unser Konzept kennen und lieben gelernt. Durch mehrere weitere Treffen mit Organic Garden und einem intensiven Austausch zu unserer Philosophie ist die Idee entstanden, etwas gemeinsam zu machen.


 

Organic Garden: Wo findet euer Fleisch bei Organic Garden Verwendung?

 

Josef: Unsere Wiener ohne Phosphat- und Nitrit-Zusatz gibt es seit kurzem in den Organic Garden Hotdogs. Außerdem tragen wir einen Gang zum Organic Garden-Menü bei, das man dieses Jahr beim Tollwood-Festival genießen kann. Der Ochse from nose to tail mit Angus-Fleisch von unserem Hof in Siebenbürgen.


 

Organic Garden: Was ist dein Lieblingsessen?

 

Josef: EIN Lieblingsessen habe ich nicht. Ich kaufe bewusst regional ein und hinterfrage die Herstellung und die Qualität der Lebensmittel, die ich genieße. Über eine gebratene Leber mit tollen Beilagen nach Omas Rezept oder ein kleines aber feines Land.Luft-Steak mit buntem Gemüse aus der Region freue ich mich genau so, wie über eine gemütliche Brotzeit mit leckeren Wust- und Käsevariationen zum Feierabend.


 

Organic Garden: Könntest du dir vorstellen, vegan zu leben? 

 

Josef: Nach einer Fastenkur im Frühjahr diesen Jahres habe ich tatsächlich über nahezu ein halbes Jahr versucht, mich vegetarisch bzw. vegan zu ernähren. Ich bin damit nicht so richtig zurecht gekommen – mir fehlte immer etwas. Ich esse nun wieder Fleisch, unser Land.Luft Fleisch, aber halt weniger und bewusster und mit gutem Gewissen.

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